Die Rückfahrt
2017-01-19
Es wird ernst. Mit Hellwerden, nicht mit Sonnenaufgang, also früher als sonst, bin ich auf den Beinen. Draußen schüttet es, so wie die ganze Nacht. Big Blue fahrbereit räumen. Tisch und Stühle in den Unterflurkasten, Reservekanister ebenfalls. Das Fahrrad festbinden. Die Unterlegkeile weg und verstauen. Die angemalten Steine, Muscheln und den Schwamm von Hermann aus der Einstiegsleiter der Beifahrerseite nehmen und in den Fußraum legen. Das Solar Paneel Sonja zurück bringen. Sie ist schon wach. Jetzt endgültig Abschied nehmen. Nochmal drücken. Jetzt sind auch schon Caro und Hermann am Frühstücken. Auch hier Abschied nehmen. Aber nicht mehr essen. Ich habe ja schon gefrühstückt. Auch Wolfgang schaut schon aus der seiner Tür. Es war eine schöne Zeit mit euch allen. Noch an die Wärmfalsche von Heidi gedacht. Die hat Wolfgang viel warme Füße gemacht.
Dann Motor an und los. Es ist 10:00 Uhr. Ich verlasse die Ziegenwiese. Es schüttet. An der Tankstelle in Cañada de Gallego noch Wasser auffüllen und das Klo entsorgen. Dann geht es Richtung A7 durch den Tunnel der Bergkette, die die Bucht vom Inland trennt. Und hier ist das Wetter noch hässlicher. Zum Regen und Wind kommt jetzt Nebel, Schneeregen und Sturm. So hangele ich mich bis zur Autobahn. Dort wird es nicht besser.
Die A7 von Alicante nach Valencia ist wegen Schnee und Hagel, der zu Eis gefriert, Richtung Norden gesperrt. Eine lange Reihe von LKW warten schon auf die Wiederfreigabe der Straße.
Da habe ich keinen Bock drauf. Also auf die AP7 (die mautpflichtige Strecke) und die fast 200 Kilometer abdrücken. Sind aber nur 18,65 €. Da frage ich mich, was die Leute ständig über die Maut sich beklagen. Das ist doch für diese Strecke nichts. Auf dieser Strecke habe ich nicht mit Schnee und Glätte zu kämpfen, dafür mit Windböen im Halbminuten Takt. Und zwar kräftig. Immer wieder wechsele ich unfreiwillig die Spur. Und mein rechter Spiegel klappt ständig rein. An fast jeder Tankstelle muss ich anhalten und ihn wieder in Position bringen.

Irgendwo auf der Strecke finde ich noch einen kleinen, schönen Stellplatz mit Blick durch die Täler. Bei dem heutigen Wind aber nicht so die Wahl. Außerdem habe ich noch ein einhalb Stunden vor.
Übrigens bewährt sich mein Laptop auf der Mittelkonsole mit Google-Maps auf dem Schirm bestens. Bei Alicante und Valencia ist die Verkehrsführung etwas undurchsichtig. Aber mit Hilfe der Onlinekarte einfach zu meistern. So komme ich wirklich zügig voran und schaffe es bis 18:00 Uhr auf einen Parkplatz an einer kleinen Tankstelle mitten auf dem Land – hier heißt die Straße nicht mehr A7 sondern RM340 – kurz vor Tarragona. Das ist sogar ein bisschen weiter, als ich gehofft habe. Und ich brauche nicht im Dunkeln fahren. 574 Kilometer.
Ich esse erst einmal und mache mir einen Tee. Bier ist mir zu gefährlich. Wenn der Tankstellenfritze kommen sollte und mich wegjagt kann ich ja nicht besoffen sein.
Übrigens, hier ist es windig, aber warm. Bei Ankunft waren es hier 12°C. Da brauche ich noch nicht einmal zu heizen. Denn die Wärme aus der Fahrerkabine hat den Wohnbereich auf 19°C aufgeheizt. Das wird jetzt zwar abkühlen. Die meiste Kälte kommt durch die beiden großen Fenster rein. Da muss ich zu Hause unbedingt bei.
Und laut Wetterapp soll es morgen eigentlich besser werden. Na, ich lass mich mal überraschen.
2017-01-20 / Die Sonne kommt durch
Es schifft die ganze Nacht.
Und einer der anderen LKW Fahrer hat immer wieder seinen Motor angemacht. Hat der keine Standheizung? In Deutschland wäre der von den anderen Truckern zu Sau gemacht worden.
Mit Sonnenaufgang frühstücke ich und dann ab in die Fahrerkabine. Das stellt sich als schwieriger heraus als gedacht. Ich gehe ja immer außen rum. Aber Big Blue steht in einem riesigen Teich Regenwasser. Und auch so tief, dass e mir in meine Gummischuhe oben reinlaufen würde. Also innen durch nach vorne geklettert.
Der Motor brummt und los geht’s. Der Regen hat im Verhältnis zu gestern nicht nachgelassen. Aber der Wind Der rechte Rückspiegel bleibt in der Position, wo er hingehört.
Die Städte Tarragona und Barcelona umschiffe ich auch dieses Mal ohne mich zu verfahren. Ich finde auch hinter Barcelona die Abfahrt an der ich runter muss, damit ich keine Maut bezahlen brauche. Aber grundsätzlich ist die Beschilderung teilweise wirklich gewöhnungsbedürftig, da es hier in Spanien scheinbar keine festen und einheitlichen Regeln für die Schildergestaltung gibt. Vor allem das zusammenfügen von einzelnen Hinweisen ist mal so oder so. Steht das PEAGE dabei oder nicht. Ist der Hinweis auf N11 (Nationalstraße 11, weiße Schrift auf rotem Rechteck) ein Hinweis darauf, dass ich schon auf dieser bin oder auf dem Weg zu dieser. Das gleiche gilt für alle anderen Straßenbezeichnungen ebenfalls.
In La Jonquera muss ich dann doch noch einmal die letzten Kilometer in Spanien Maut bezahlen. 0,70 €. Und das in bar. Keine Ahnung warum der mir das nicht von der Karte abbuchen wollte. Eigentlich wollte ich ja auf der Nationalstraße rüber nach Frankreich. Aber die letzte Ortsdurchfahrt war für Fahrzeuge über 3,5 t gesperrt.
Auch an der französischen Mittelmeerküste keine Sonne weit und breit. Regen, Regen und nochmals Regen.
Also an die anderen LKW gehängt und durch bis Béziers. Dann auf die A75, eine der wenigen mautfreien Autobahnen in Frankreich. Diese ist vom Staat gebaut worden, weil sie für diese Strecke nach Clermont-Ferrand keinen privaten Betreiber gefunden haben. Keine ausreichende Aussicht auf die Gewinnmarge.
Mit Beginn des Aufstiegs in das Massiv Central reißt der Himmel auf. Die Temperaturen gehen von 10°C auf 4°C zurück. Aber die Sonne scheint so intensiv in meine Kabine, dass ich ein Fenster aufmachen und die Heizung runter drehen kann. Und die Sonnenbrille muss auf die Nase.
Gegen 17:00 Uhr komme ich bei Harry an. Ich packe noch gerade zusammen (etwas zu Trinken für die Beiden), steht er schon mit seiner Hündin vor der Tür. Er hat mich vorbeifahren gesehen. Und die Hündin ist gewachsen. Nicht mehr der Welpenkörperbau, so wie wir sie auf der Hinfahrt kennengelernt haben. Und sie kann schon den eine oder anderen Befehl. Aber ist immer noch so verspielt. Eben doch noch ein Welpe.
Es ist merklich kühl. Also erst einmal rein in die Küche. Hier hat sich nichts verändert. Der Ofen ist an und es herrschen gefühlte 50°C. Ich erzähle von meiner Tour. Harry von der Panik in Frankreich wegen der kalten Temperaturen. Es soll tatsächlich über Stromabschaltungen in der Öffentlichkeit diskutiert worden sein wegen fünf Grad Minus. Weil zurzeit sechs AKW’s in der Revision sind. Aber hinterher haben sie festgestellt, dass die auch in Frankreich – zwar zaghaft – vorhandenden erneuerbaren Energieerzeuger dieses Minus mehr als aufgefangen haben. Die hatten die Politiker und Energieerzeuger bei der Panikdiskussion gar nicht auf dem Schirm. Denen ging es bei dieser Panikmache eigentlich nur darum, die Basis zu schaffen, auf der ein weiterer Bau von AKW’s möglich wäre. Fast wie bei uns zu Hause diese Machtspielchen.
Barikissou hat Grießklößchen gemacht mit kleinen Nudeln und Fleisch. Sehr lecker. Und danach ein Eis, was es hier irgendwie nur zu Weihnachten gibt.
So gegen 21:00 Uhr ist dann für mich Bett angesagt.
2017-01-21 / Noch einmal bei Barikissou und Harry in Montpaon
Heute ist Samstag. Und da gehen Barikissou, Harry und Aischa nach St. Affrique zum Markt. Wie schon, als ich hier noch mit Wolfgang auf der Hinfahrt zu Besuch waren.
Aber noch etwas vorweg. In der Nacht bin ich wach geworden. Da war neben meinem Rolling Home Unruhe. Aber es stellt sich als nichts Schlimmes heraus. Auf dem Abstellgleis des Gare de Montpaon Stand schon bei meiner Ankunft ein kleiner Bauzug. Und diese Leute arbeiten nachts. Und gegen 4:00 Uhr deren Schicht zu Ende. Wohl noch ein Bier, oder Wein in der Baubaracke und dann nach Hause zu Frau und Kinder.
So, jetzt weiter im Text. Der Markt heute ist bei weitem nicht so besucht wie vor Weihnachten. Mag das an der Kälte liegen? Behauptet jedenfalls Harry. Als es mir zu kalt wird will ich was warmes Essen. Und dabei habe ich schon wieder lange Unterhosen an, ein T-Shirt, ein Hemd, ein Weste, einen Sweater und eine dicke Jacke drüber. Aber die Kälte, eine feuchte geht durch und durch. Ich finde eine regionale Spezialität: Eierpfannkuchen mit Kräutern und Fleisch. Drei Stück vier Euro. Ich teile sie mir mit den anderen. Aber nur Aischa will. Sie sind lecker. Und heiß!!!!! Genau das was ich suchte.

Dann ein Besuch in der Butike, die die Ledersachen meiner Freunde verkaufen. Endlich sehe ich diese auch mal zusammen. Und nicht immer nur in Einzelteilen: Boulekugeltaschen, Mäppchen für Geld, Schlüssel und Kreditkarten sowie Gürtel. Es fehlen nur noch Taschen fürs Smartphone.
Irgendwie ist Harry heute „in a hurry“. Noch schnell die Sachen die es nicht auf dem Markt gibt im Supermarkt einkaufen und dann nach Hause. Aber das kann mir nur recht sein. Denn das Wetter klart auf und es wird angenehm warm. Ich will also noch einmal hier im Tal Radfahren. Meinem Rücken mal wieder etwas Bewegung verschaffen. Nach den beiden letzten Fahrtagen drückt er ein bisschen.
Zu Hause angekommen sind schon 15°C. Also noch schnell die Einkäufe in Harrys Lager schaffen, dann umziehen und das Rad aus der Werkstatt. Beim Anblick meiner Werkbank fällt mir noch ein, dass ich vor der morgigen Weiterfahrt zwei Dinge reparieren muss. An der Einfüllklappe für das Toilettenwasser ist der Verschluss defekt. Er öffnet sich beim Fahren ständig. Ein bisschen Kleber, und der Riegel ist fixiert. Die Sonne wird ihr übriges tun. Und an der Klappe für die Toilettenkassette ist scheinbar die Dichtung oben undicht. Nach der Nacht gestern Morgen auf der Tankstelle hatte ich Wasser im Bad. Das muss da reingekommen sein. Ich kann den Riss auch sehen. Covertape drüber, das muss bis zu Hause halten.

Dann ab auf’s Rad. Hier sind kaum Autos auf der Straße. Daher fährt es sich total gut. Und heute steht der Wind so, dass er bergauf schiebt. Das macht die Berge einfacher.
Wieder am Stellplatz repariere ich noch schnell (provisorisch) die beiden Außenklappen vom WC. Irgendwie ist da in den letzten Tagen beim Regen immer Wasser eindrungen. Mit Covertape. Das muss bis zu Hause halten.
Anschließend duschen. Da bewährt sich mein Badezimmer. Ein Meter mal eineinhalb Meter Grundriss. Da kann man sich schon bewegen. Und das kann die Truma Heizung. Wasser heiß machen.
Dann im Bademantel hinsetzen und jetzt den heutigen Tag aufschreiben und die gemachten Bilder auswerten.
Und jetzt ziehe ich mich richtig an und gehe zu meinen Freunden rüber. Heute werde ich wohl nichts mehr schreiben. Denn es gibt Raclette. Das habe ich schon ewig nicht mehr gegessen. Mit Fleisch, Krabben, Pilzen, Speck, Brot, . Danach bin ich reif fürs Bett.
Es ist eine etwas unruhige Nacht. Draußen friert es und ich weiß nicht wie lange noch meine letzte Gasflasche reicht.
2017-01-22 / Pferdehof in Damerey
Es ist Sonntag. Und meine Gasflasche hat gehalten. Aber ich musste unzählige Male raus zum Pinkeln. Dabei habe ich gar nicht so viel getrunken.
Wir haben uns für 9:30 Uhr zum Frühstück verabredet. Harry erklärt mir, wie er immer nach Deutschland fährt. Ich bin skeptisch, ob ich das alles so finde mit meinen Uraltkarten.
Die erste herausforderung ist die Brücke bei Millau. Das soll die längste oder höchste (oder beides) Autobahnbrücke Europas oder der Welt sein. Ich merke ganz deutlich, dass ich Probleme habe, so hoch über einem Tal zu fahren. So hoch sollten nur Vögel über dem Boden sein.
Bis auf eine Irritation in Vichy und die falsche Wahl der möglichen Straßen in Lapalisse bin ich super durchgekommen. Und habe das Massiv Central ausgiebig bewundern können. Das ist eine faszinierende Landschaft. Mit kleinen ursprünglich erhaltenen Ortschaften auf Bergspitzen oder an die Felsen geklebt. Vielleicht kann ich ja Heidi mal zu einem Urlaub hier überreden. Im Herbst nach der Ernte.
Und ich bin super voran gekommen.
Ich stehe jetzt in Damerey, irgendwo zwischen Chalon sur Saône und Dole. Den Pferdehof Chavanis habe ich nur durch Zufall gefunden. Es war schon fast dunkel, das huschte auf der linken Seite ein Schild an mir vorbei, auf dem auf einen Wohnmobil Stellplatz hingewiesen wurde auf dem auch Fäkalienentsorgung möglich ist. Das brauche ich zwar nicht, aber es ist immerhin ein Stellplatz. Freudig überrascht bin ich vor allem auch deswegen, weil dieser Platz kein kommunaler ist. Nein, es ist ein Stellplatz auf einem landwirtscahftlichen Betrieb. Ähnlich den Angeboten des Landvergnügens in Deutschland. Hier stehe ich jetzt unter riesigen Bäumen. Und ich habe Strom. Heute Nacht muss der Elektrolüfter ran. Dann komme ich mit dem Rest in meiner Gasflasche sicher bis Deutschland. Und dann tausche ich erst einmal meine ganzen leeren gegen volle ein. Denn es ist nicht übler, als bei diesen Temperaturen zittern zu müssen, ob das Gas reicht. Denn dann ist frieren angesagt. Da hilft dann auch nicht die beste Isolierung.
2017-01-23 / Zum Bioland Weingut Matthias Höfflin
Heute Morgen sind es kuschelige 20°C im Auto. Draußen dafür unter -7°C.
Beim Waschen merke ich, dass sich wohl irgendwo in meinem Abwassersystem ein Eisklotz gebildet hat. So läuft das Wasser nicht mehr ab. Und den Tank kann ich auch nicht öffnen, da der Ablasshahn festgefroren ist.
Ich mache mir mein Frühstück und packe. Als ich zahlen möchte, fragt mir der Sohn des Hauses ob ich noch duschen möchte. Tja, das ist ein Service. Ich drücke 8,00 € für alles ab und los geht es.
Die Bäume und Sträucher am Straßenrand sind wie mit Puderzucker überzogen. Und das wird bis Bötzingen auch so bleiben. Die Temperaturen verharren unter null Grad. Das Maximum werden -3°C sein.
Ich komme gut voran. Ab Dole immer neben der Autobahn. Fast immer am Ufer der Le Doubs entlang.
Bei Belfort dann rauf. Nach Harrys Worten ist sie ab hier Mautfrei. Nur das letzte Ende vor Mühlhausen kostet dann wieder was. Für PKW 2,50 €. Für Big Blue allerdings 7,00 €. Für nur 40 Kilometer (schlechte Autobahn) ganz schön viel. Ich habe das erste Mal das GEfühl, dass das Preisleistungsverhältnis nicht passt.
Der Grenzübertritt ist auch wieder unspektakulär. Auch hier haben es weder die Franzosen noch die Deutschen es bis heute geschafft, die Ruinen und betonierten Plätze einer vergangenen Ära den neuen Zeiten anzupassen und zurück zu bauen. Wie wir auch letztes Jahr schon bei unser Tour nach Albanien im alten Jugoslawien beobachten konnten, stehen auch hier noch die Ruinen rum und wir werden baustellengleich mit provisorischen Absperrungen durch die ehemalige Grenzabfertigungsanlage geleitet. Mir stellt sich mal wieder die Frage, ob der Rückbau deswegen nicht stattfindet, weil die Länder davon ausgehen, dass sie diese Anlagen vielleicht noch einmal brauchen werden. Die neuesten Entwicklungen in der EU könnten diese Denke befördern.
Mein Sprit, den ich gestern noch in Frankreich getankt habe reicht bis nach Bötzingen (Abfahrt Freiburg Mitte). Hier tanke ich den Liter Diesel für 1,12 €. An einer Markentankstelle. Eine andere gibt es hier leider nicht. Aber zu Frankreich und zu den Preisen, die in Deutschland bei unserer Abreise im Dezember aktuell waren, ist das eine gute Entwicklung. Ich finde auch noch einen Landhandel, bei dem ich eine Gasflasche bekomme. Leider nicht im Tausch, da ich nur die roten Flaschen habe. Und die sind Gashändlermäßig gebunden. Aber das ist mir erst einmal egal. Denn meine letzte Pulle unter dem Auto ist fast leer. Und bei erwarteten Temperaturen um die -11°C in der Nacht: Ich will nicht frieren!
Dann noch kurz um die Ecke, durch den Weinberg und schon stehe ich auf dem Bioland Weingut Matthias Höfflin auf dem Schambachhof. Es ist einigermaßen schwierig, Matthias zu finden, denn er hat sich hingelegt um eine Magen- und Darminfektion auszukurieren. Aber er wird dann von seiner Mutter doch gefunden und wir ziehen uns in seinen Verkostungsraum zurück. Hier ist es schön warm und er stellt gleich einige Weine zum Probieren auf den Tisch. Zwischendurch kommen noch andere Kunden. So kann mein schlechtes Gewissen etwas in den Hintergrund rücken, ihn aus dem Bett gerissen zu haben und an seiner Genesung zu hindern.

Vor dem Dunkelwerden suchen wir noch gemeinsam einen Platz für Big Blue und mein Nachlager.
Auf der anderen Seite der Hofgebäude direkt neben den Weinreben. Mit Stromanschluss. So kann ich wieder mit meinem elektrischen Heizlüfter heizen. Das spart Gas.
Ich räume noch meine Werkstatt auf. Denn ich habe den letzten aufgepflasterten Zebrastreifen in Frankreich übersehen und habe dort ich meine Regale ausgeleert. Aber nichts kaputt gegangen.
Dann ab ins Warme. Matthias hat noch zu tun. Abendbesprechung mit seinen Mitarbeitern und Kundengespräche. Ich fange an zu schreiben. Leider ist es internetmäßig hier wie zu Hause. Nichts los. Und das Hof-WLAN ist zu weit weg. Also erst einmal wieder ins Offline geschrieben.

Irgendwann am Abend klopft Matthias noch einmal an die Tür. Er steht mit zwei Gläsern und ein paar Flaschen auf der Treppe.
Er findet es hier in Big Blue wohnlich. Es wird ein schöner Abend. Ich erfahre dieses Mal in Ruhe viel über seinen Betrieb und dessen Struktur. Schon sein Vater hat den traditionell aufgestellten Betrieb auf Bio umgestellt und weiter Wein, Obst und Gemüse angebaut. Den Wein hat dann in der Folge Matthias übernommen. Den anderen Teil bewirtschaftet sein Bruder. Natürlich wirtschaften beide in Bio. Und der Wein ist seit einiger Zeit auch als vegan zertifiziert. Und zur Zeit stehen sie hier vor der Entscheidung, richtig in den Betrieb zu investieren, um ihn auch für seine Söhne noch zukunftsfähiger zu machen.
Und ich erzähle ihm, wie sich mein und Heidis Leben nach Schließung unserer Schäferei weiter entwickelt hat. Was wir so machen und wie es uns dabei geht.
Gegen 21:00 Uhr ist dann für heute Schluss. Noch einen Tee kochen und dann ins Bett. Draußen friert es schon wieder knackig. Heute Nacht werde ich nicht (!) zum Pullern raus gehen. Drinnen sind es gemütliche 20°C. Die werde ich für die Nacht noch auf 15°C runter drehen.
Guts Nächtle.
2017-01-24 / Weiter zur Bioland Rosenschule Ruf
Für heute Morgen haben wir uns zum gemeinsamen Frühstück verabredet. Frische Croissants und Brötchen hat Carmen mitgebracht, Marmelade und Eier. Kaffee und Tee. Mal eine Abwechslung zu meinem geliebten Müsli. Die Beiden sitzen schon im Büro, als ich vom Duschen komme. Im Verkostungsraum ist es schön warm.
Matthias macht anschließend meine Bestellung fertig und empfiehlt mir eine Wanderroute hinauf auf den Berg. Mit ein bisschen Glück werde ich auf der Spitze über den Wolken/Hochnebel sein und einen unvergleichlichen Blick vom Kaiserstuhl von den Vogesen über die Alpen bis zum Schwarzwald durch das Rheintal haben. Verlockender Vorschlag. Aber eine Richtung circa 1 ½ Stunden. Das ist zu lang. Das müssen wir auf ein andermal verschieben. So bleibt mir noch ein Blick in seine Weinläger/‑keller.
Danach mache ich mich zu einer kleinen Runde durch seine Weinberge auf. In solcher Winterlandschaft war ich noch nie in einem Wingert. Ein ganz neues Erlebnis. Das Panorama bringt mir gleich den Begriff für Eiswein in den Kopf.
Aber das erklärte Matthias schon gestern. Da er als Bioland Winzer nicht spritzen darf, entwickeln sich in der Phase nach der eigentlichen Ernte an den für den Eiswein hängen gelassenen Trauben Pilze und Schimmel, die die Beeren verderben lassen. Daher macht er keinen Eiswein. Braucht er auch nicht, denn die anderen sind schon so spitzenmäßig, das reicht dann auch.
Zurück ins Büro, in das sich die Beiden zurückgezogen haben, Abschiedsdrücken und Carmen noch Big Blue von innen gezeigt. Auch sie träumt davon, mal wieder ausgiebig zu reisen. 2017 wird dafür keine Zeit sein. Umzug, Arbeit auf dem Weingut noch ein paar Sachen mehr. Aber dann. Und ich kann sie für Albanien begeistern. Vielleicht treffen wir uns mal dort.
Dann los. Rauf auf die Autobahn. Man kann einfach drauf fahren, ohne zu gucken, ob da irgendwo PEAGE steht.
Ich habe mir als Tagesziel die Bioland Rosenschule Ruf bei Bad Nauheim ausgesucht. Ein Mitglied bei Landvergnügen.
So gegen 16:00 Uhr trudel ich dort ein und treffe noch Werner, den Chef, an. Es fallen mir im Hofladen gleich ein paar Kartons auf: Weinkartons vom Weingut Höfflin. Da komme ich ja gerade her. Und Werner erklärt mir, dass er Matthias und Carmen sehr gut kennt. Vor einiger Zeit haben sie hier mit ihm eine große Weinverkostung veranstaltet. Die Welt ist ja so klein.
Er zeigt mir noch seinen Hofladen. Neben den eigenen Erzeugnissen: Obst und Eier (Rosen haben zurzeit Winterpause), bieten sie noch vielfältige, sehr schöne, hauptsächlich wollene, Bekleidung sowie Dekorationen an. Und Schmuck. Er zeigt mir Goldschmuck, wo zwischen den Metallanteilen schwarze „Perlen“ aufgereiht sind. Diese bestehen aus gepressten Rosenblättern. Wenn frau diesen Schmuck auf der Haut trägt, wird aus diesen der Rosenduft freigesetzt. Eine Art Schmuck, der ursprünglich aus Mittel- und Fernost stammt. Toll. Einen solchen habe ich noch nie bewusst wahrgenommen, obwohl ich mich (ganz) früher auch schon in diesen Ländern rumgetrieben habe.
Werner muss noch seine Tiere tränken und will nach Hause. Er und seine Familie wohnen nicht hier vor Ort. Er macht mir noch den Strom auf dem Landvergnügen Stellplatz an.
Ich schaue mich noch etwas um. Ich finde seine Hühner, die zurzeit wegen der Geflügelgrippe einen etwas eingeschränkten Lebensraum haben. Aber in mobilen Ställen in kleinen Gruppen untergebracht sind. Die Hühner sehen trotz der Aufstallung sehr gut aus. Die sechs Eier, die ich von Werner gekauft habe, kommen aus diesen beiden Ställen. Guten Appetit. Dahinter stehen ein paar schwere Pferde, zwei Esel (oder ist einer ein Maultier?) und ein paar Schafe. Alles schön in klein und überschaubar gehalten. Das macht mal wieder Spaß zu sehen, dass es auch so geht.
Jetzt noch die Kabeltrommel auspacken und an die Steckdose anschließen. Schon läuft wieder mein kleiner Heizlüfter und es ist lauschig warm in meiner rollenden Wohnung.
Ich versuche noch diesen, meinen Reisebericht heute soweit fertig zu bekommen, denn morgen ist Schluss mit Lustig.
Zu Hause wartet nicht nur Heidi auf mich – ich freue mich schon auf sie – sondern auch viel Arbeit. Die vergangenen Stürme haben ein paar Bäume umgeworfen, an unserem Viehanhänger soll die Bremse fest sitzen, an Big Blue ist ein Rücklicht kaputt, die Decke im Hühnerstall muss noch fertig gemacht, die Telefonanlage muss umgebaut werden und so weiter. Da werde ich nicht mehr so bald zum Schreiben kommen.
2017-01-25 / Wieder zu Hause
Ich komme nach meinem letzten Frühstück so gegen 9:30 Uhr los.
Von deutschen Autobahnen ist nicht viel zu berichten. Nur so viel, dass es wirklich angenehm ist, nicht immer auf PEAGE Schilder zu achten. Ich komme gut durch und bin gegen 14:30 Uhr 500 Meter von zu Hause entfernt.
Ich treffe hier meine Heidi, die gerade mit Lara, unserer Labradorhündin, spazieren geht. Beide stürzen in die Fahrerkabine. Drücken ist angesagt. Und von Laras Seite das Hosenbein vollschlabbern.
Die letzten 500 Meter. Rückwärts in unsere Einfahrt. Motor aus. Back at home!
In die vom Bullerjan aufgeheizte Wohnstube. Es gibt viel zu tun: Drücken. Und viel zu erzählen. Einen Happen zu essen. Und dann erst einmal unseren Hof besichtigen. Im Stall stehen zwei Ziegen. Auf das Haus deren Besitzers ist bei Stürmen in den letzten Wochen ein Baum gefallen. So sind sie bei uns in Urlaub. Auf unseren Wiesen ebenfalls einige Bäume flach. So brauche ich für die noch ausstehende Brennholzsaison mir keine Gedanken machen, welche Bäume ich auswähle. Diese Entscheidung ist mir abgenommen.
Hier ist es saukalt. Daher nur eine kurze Begehung. Dann alles frostgefährdete aus Big Blue raus und das Wasser ablassen. Denn hier ist noch konstant unter null Grad. Und ich will die Heizung nicht weiter laufen lassen.
Dann ist Feierabend. Kuscheln.