Es hat die ganze Nacht geschüttet. Heidi will weiter. Aber ich weigere mich bei diesem Wetter hier durch das Gebirge zu fahren. So richten wir uns auf einen Tag in Big Blue vor. Heidi will weiter sich Albanisch beibringen und E-Mails an FreundeInnen schreiben. Ich unseren Reisebericht weiterschreiben. Aus letzterem wird nicht viel.
Zuerst frühstücken wir aber mit Astrid und ihrem Freund. Es sind zwei schöne Stunden. Die damit gekrönt werden, dass uns die Beiden 600,00 € da lassen, damit uns unser Geldkartenproblem nicht den ganzen Urlaub vermiest. Nochmals danke auch an dieser Stelle.
In einer Regenpause gehen wir mit Lara in der Umgebung spazieren und entscheiden uns spontan, doch die Fahrräder wieder auszupacken und nach Pogradec zu radeln. Circa 10 Kilometer je Richtung. Es gibt glücklicherweise auf der gesamten Strecke einen Fahrradweg neben der Straße.
Gleich zu Beginn treffen wir auf ein verwaistes Kriegerdenkmal und auf einen Esel vor einem Bunker der Hoxha Zeit.
Der Wettergott ist uns trotz unserer Kirchenaustritte gnädig und läßt es nur ein wenig nieseln. So kommen wir nur etwas klamm, aber nicht so richtig nass in der Stadt an.
Vor der Stadt stehen die verfallen Relikte der erzabbauenden Industrie und deren Anlagen zur Eisenbahnverladung. Indistriebrachen, die dem Land und vor allem der ehemaligen Arbeiter, richtig weh tun. Aber so etwas gehört ja seit der Kolonialisierung der DDR ja auch in unserem Land immer häufiger zum Landschaftsbild.
Kurz vor der Stadtgrenze ist dann aber doch noch eine riesige Straßenbaustelle ohne Radweg. Aber hier ist die Piste so schlecht, dass wir mit unseren Rädern schneller sind als die Autos, besonders schneller als die LKW. So entstehen keine für uns beängstigende Situationen.

Als Eingang zur Stadt begrüßt uns eine stillgelegte Tankstelle. Hat was. Aber ob das bei der übrigen „Protzsucht“ in dieser Stadt so gewollt ist?
Die Stadt an sich ist keine Sehenswürdigkeit, wenn sie nicht die circa zwei Kilometer lange Europapromenade hätte. Ein Streifen von ungefähr 80 Meter Breite zieht sich über die gesamte Wasserlinie der Stadt hin. Mit Bars, Restaurants, Karussells und sonstigen Belustigungen fürs Volk.
Wir fallen erst einmal über eine Bank her, deren Automat die Akzeptanz der Visa-Card vortäuscht. Aber unsere will er nicht. So ein Mist!
Nach dieser Ernüchterung wandeln wir die Europapromenade entlang und kaufen uns erst einmal ein landestypisches Gebäckstück. Keine Ahnung wie die Teigtasche heißt. Aber sie schmeckt lecker. Irgendwie ist da Käse und Tomaten drin.
Dann finden wir sogar noch einen Supermarkt, hier im Land der Minimärkte gar nicht so einfach. Hier können wir mein Müsliproblem lösen. Es gibt hier zwar keine Haferflocken, Sesam, Leinsaat, Kürbis- und Sonnenblumenkerne. Aber immerhin eine ungesüßte Fertigmischung.
So gegen 16:00 Uhr radeln wir so langsam zurück. Ich lege mich mit dem Rad dabei noch mächtig auf die Klappe. Der Radweg ist immer wieder durch Aquarien von Fischer zugebaut, so dass man entweder über die Straße oder über das „Hinterland“ ausweichen muss. Da aber beim Straßenbau die Gossen und die Kantsteine in der richtigen Höhe verbaut worden sind, die abschließende Verschleißteerschicht wohl auch nicht den Weg auf diese Straße, sondern auf die Grundstücke einiger Privilegierter gefunden hat, sind bei diesem Ausweichmanöver einige Höhenunterschiede zu überwinden. Ich habe diese Kante leider im zu spitzen Winkel genommen (Straßenbahnschieneneffekt), bin mit dem Vorderrad weggerutscht und lag auf der Klappe. Da mich einer der Fischer zumindest teilweise aufgefangen hat, habe ich mich eigentlich auch gar nicht verletzt. Nur die linke Fußraste ist mir so in die Ferse geschlagen, dass ich dort jetzt eine recht tiefe, aber vor allem stark blutende Wunde, habe.
Ich trenne mich von Heidi, da ich alleine schneller mit dem Rad unterwegs bin als sie und beeile mich zum Campingplatz zu kommen. Dort erst einmal ins Wasser, um das ganze Blut abzuwaschen, dann Ballistol drauf und trocken lassen. Nach einer Stunde ist das alles schon wieder fast vergessen. Nur beim Laufen muss ich noch etwas aufpassen, damit die Wunde nicht neu aufplatzt.

Noch hält sich das Wetter (trocken) und so können wir heute unser Abendessen draußen unter den Sonnenschirmen des Campingplatzes ordern. Heidi wieder Steak, ich Fisch und den üblichen Rest für Beide: Salat, albanischen Joghurt, fritierte Kartoffeln und Brot, Bier und Rotwein. Aber wir ziehen uns noch bevor das Essen auf dem Tisch steht doch wärmer an. Es fröstelt uns ein wenig.
Der Fisch ist übrigens eine Fischart die es nur im Baikalsee und hier im Oridsee gibt. Viele Versuche ihn auch woanders aufzuziehen sind bislang immer wieder gescheitert.
Satt und zufrieden ziehen wir uns in Big blue zurück. Ich will noch Reisebericht schreiben. Es bleibt beim wollen.
Es fängt wieder an zu regnen! Immer doller!