2016-09-01 – Ausflug nach Stolac

Wir haben uns entschieden, tatsächlich hie einen Tag länger zu bleiben. Der klare Gebirgsbach ist doch zu verlockend.

So holen wir nach dem Frühstück, endlich wieder ein fast richtiges Müsli für mich, nur leider gezuckert, unsere Fahrräder aus der Werkstatt und radeln die zwei bis drei Kilometer bis Stolac hinunter.

Auf dieser Strecke sehen wir vier Dinge:

Eine wunderschöne Landschaft.

Riesige Betonfundamente auf einem langen Platz oberhalb des Campingplatzes entlang der Straße. (Nachfragen haben ergeben, dass hier einer der Kriegsfürsten des Bosnienkrieges von 1992 bis 1995 versucht hat, hier eine neue Grenze zu ziehen und an dieser Stelle eine umfangreiche Grenzabfertigungsanlage aufbauen wollte. Inklusive sämtlicher Möglichkeiten, Geschäfte hier zu installieren, deren Gewinne in seine Tasche fließen sollten. Dieser Mann ist dann aber verhaftet worden und sitzt seitdem in Haft, und die Grenzen sind dann von den Siegermächten wo anders gezogen worden.)

Auf dem Berg über der Stadt thront eine große, teilweise restaurierte, Burg.

Am Straßenrand sind die tiefen Spuren des Krieges nicht zu übersehen. Nach wie vor  „schmücken“ Einschusslöcher viele Häuser, verfallen Gebäude zu Ruinen und es gibt Leerstand durch Vertreibung ganzer Bevölkerungsgruppen. Und Schilder mit Minenwarnungen. Daneben zaghafter Neuaufbau.

Ein moslemischer Friedhof mit vielen Kriegstoten.

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Auch die Stadt selbst kann diese bis heute wirkende Vergangenheit nicht verleugnen.

Und wenn wir die bosnischen Männer in den Bars beobachten, alles kleine Kriegsgewinnler, die sich nach wie vor mit militärischen Utensilien schmücken, groß den Macho raushängen lassen und mit breiter Brust zu verstehen geben, ich habe gewonnen und werde wieder gewinnen!

Auch die bosnischen Amtsträger vermitteln uns den Eindruck, dass sie sich nicht als Freund und Helfer verstehen sondern als Kommandeur Nichtamtstägern gegenüber. Auch und gerade den außenstehenden (Touristen) wie uns gegenüber. Zum Beispiel:

Wir haben unsere Fahrräder zwischen der Polizeistation und zwei gegenüberliegenden Cafés gegen den Mast eines Verkehrsschildes gelehnt. Ein Bulle, der seine Dienstzeit auf der Hollywoodschaukel eines der Cafés vertändelt, sieht sich genötigt aufzustehen um uns auf unfreundlichste Art anzupöbeln und verlangte mit einer herrischen Handbewegung, die Fahrräder dort sofort wegzunehmen. Und er drehte uns dann sofort der Rücken zu, um uns zu verstehen zu geben, dass es unter seiner Würde ist, sich überhaupt auf ein Gespräch mit uns einzulassen: Befehl und Kadavergehorsam. (Das sind wir aus Albanien anderes gewohnt!) So, liebe Bosnier, könnt ihr ein noch so schönes Land haben. Aber so werdet ihr nie wirklich zahlungskräftige und -willige Gäste in euer Land locken und sie binden. Mit diesem Verhalten uns Gästen gegenüber werdet ihr nur Touristen anlocken, die als Billigpauschaltouristen in irgendwelchen Hotelanlagen verschwinden und die Gewinne in den Taschen ausländischer Großkonzerne untertauchen. Nur weiter so! Dieses Erlebnis fügt sich übrigens nahtlos an unsere Erfahrung bei der Hinfahrt in Neum an.

Nachdem wir dann in einem Minimarkt uns wieder mit Gemüse eingedeckt haben, Heidi sich mit Postkarten und Briefmarken versorgt hat nehmen wir noch einen kühlen Drink in der Bar am Hauptverkehrsknotenpunkt der Stadt. Und bekommen einen frisch gepressten Zitronensaft mit Eis und gaaaaanz viel Zucker. Vorsichtig mit dem Strohhalm versuchen wir mit recht gutem Erfolg den Saft ohne den Zucker zu trinken. Der ist wirklich gut. Aber die hier brauchen es wohl süß.

Zurück zum Campingplatz fahren wir auf der anderen Seite der Bregawa. Diese kleine Straße schlängelt sich zwischen kleinen Häusern, liebevoll angelegten Gemüsegärten und schönen Restaurants eben an diesem Flüsschen entlang. Eine kleine im alten Stil gemauerte Brücke bringt uns am Ende dieses Weges wieder auf die Seite der Hauptstraße und damit zu unserem rollenden Zuhause.

Kurz vor der Ankunft dort noch ein paar Feigen gepflückt. Die wachsen hier wirklich wie Unkraut oder bei uns der Holunder oder in Tschechien die Mirabellen. Abtauchen im erfrischend kühlen Wasser und dann mache ich mich mal wieder an unseren Reisebericht.

Dann plötzlich ein Donnerschlag aus heiterem Himmel. Über die Berge hat sich eine Gewitterfront geschoben. Es bleibt uns nicht viel Zeit allen unseren Kram in Sicherheit zu bringen. Aber außer Blitz und Donner und etwas Regen ist nicht viel passiert. Nicht einmal eine nennenswerte Abkühlung. Nur das Internet hat die Grätsche gemacht.

Am Abend sind wir bei den Betreibern des Platzes zum Essen eingeladen. Sie haben für sich Goulasch mit Kartoffelbrei und Tomatensalat zubereitet und teilen sich das mit uns. Einfach zubereitet und mit Liebe geteilt. Einfach ein schönes Erlebnis für uns. Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen. Wir hatten das Abendessen bestellt und bezahlen natürlich dafür.

Ich möchte auch nicht versäumen zu erwähnen, diese Kleinstadt ist einen Besuch wert! Denn sie ist einfach schön, trotz ihrer jüngeren Geschichte. Die Umgebung und gerade die Straße nach Montenegro hoch eine der Schönsten. Und die Leute hier sind einfach nur nett und liebenswert. Die oben Genannten mal außen vor gelassen.

BiH Trucker
BiH Trucker

Ich muss doch noch weiter schreiben. Während ich noch den letzten Tag meines Reiseberichtes fertigstelle, kommt ein Trucker herein und bekommt auch Goulasch, Kartoffelbrei und Tomatensalat serviert. Und dann für mich überraschend, er spricht fließend Deutsch. Und das eine deutsche Ehepaar aus dem einen Wohnmobil spricht fließend bosnisch, oder wie diese Sprache hier heißt. Ich klappe also mein Laptop zu, bestelle mir noch ein Glas Wein (1 1/4 Liter habe ich dann heute intus) und setze mich zu der illusteren Runde dazu. Der Trucker erzählt mir vom Bakschischsystem auf dem Balkan. Überall, Polizei, Grenze, Zoll und Speditionsabfertigung, zwischen zwei und zehn Euro ist man immer dabei. Hat sich also nicht viel geändert in Exjugoslawien. Damals waren es ein bis zwei DM. Und er meint, dass es Selbstmord ist, nachts auf den Straßen von BiH unterwegs zu sein. Naja, das kann ich verstehen. Schon alleine wegen des Straßenzustandes. Aber er meinte es wegen der Betrunkenen und der Gefrusteten, die hier fast alle eine Knarre in der Tasche haben.

Gegen 23:00 Uhr wird es Zeit für mich zu gehen. Um diese Zeit wollten die hier sowieso zu machen. Ich habe viel erfahren diesen Abend. Und er hat Spaß gemacht.

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