2016-12-16
Gegen 9:30 Uhr komme ich aus dem Bett. Und tatsächlich scheint die Sonne durch eine größere Wolkenlücke. Also schnell Tische und Stühle raus und draußen gefrühstückt. Wolfgang schläft sich noch aus.
Anschließend gehe ich zu dem Nachbarstrand, den Helmut und Christina, unsere Nachbarn in einem alten DüDo-Verkaufsladen, gestern Abend beim Abendtrunk empfohlen haben. Und tatsächlich, ein zwar etwas künstlich angelegter, aber mit Palmen umrahmter schöner Badestrand. Und einem riesigen in Terrassen angelegten Parkplatz. Warum stehen die ganzen Wohnmobile auf der Ziegenwiese? Hier ist es viel schöner. Angeblich soll hier aber die Polizei häufiger kontrollieren und räumen. Auf der Ziegenwiese wird es irgendwie toleriert.
Auf dem Hinweg zu diesem Nachbarstrand taste ich mich direkt an der Wasserlinie entlang. Müll über Müll. Hier leere Getränkedosen und Flaschen, Tüten mit Essenabfällen, eben alles das, was Touristen so zurück lassen, wenn sie von öffentlichen Strand zurück in ihre „Kleingartenidylle“ zurückkehren.
Auf dem Weg zurück gehe ich dann hinter dem Gebüsch ungefähr 30 Meter hinter dem Strand entlang. Auch hier Plastikmüll. Hier sind es die Hinterlassenschaften der sehr (!) intensiven Landwirtschaft. Die ganze Bucht ist unter Zeltdächern versteckt. Auf Google Maps sieht es so aus, als ob hier riesige Photovoltaik Anlagen stehen. Aber es ist Landwirtschaft. Und scheinbar werden von Betreibern, wenn ein solches überdachtes Feld neu angelegt wird, die gesamte Technik im Boden ‑ Bewässerungsrohre, Bodenplanen die Unkrautwuchs verhindern sollen und so weiter ‑ dann einfach mit der obersten, ausgezehrten Krume über den Feldrand hinaus geschoben und gut ist. Und so liegen da dann die zerfetzten schwarzen Folien und Röhren. Und werden dort auch noch in 20 Jahren liegen. Haben sich bis dahin aller Wahrscheinlichkeit nach auch noch vermehrt. Aber zu diesem Thema mehr auf einer eigenen Seite.
Auf dem Platz zurück werde ich von Sonja angesprochen. Sie wohnt hier schon einer längeren Zeit in ihrem Wohnlaster und lebt davon, dass sie vegane kosmetische Salben sowie Designschmuck mit Glasapplikationen herstellt und als Physiotherapeutin arbeitet. Sie bietet alle diese Leistungen hier auf dem Platz an. Aber für die Concordisten ist sie als farbige Frau nicht so die Therapeutin ihres Vertrauens, und die Freaks hier haben nicht so das Geld. Aber sie kommt klar!
Sie lädt mich zum Tee in ihr rollendes Lager ein. Irgendwann habe ich auch einen Sitzplatz gefunden und sie erzählt mir von sich und aus ihrem bewegten Leben. Eine faszinierende Frau.
Aus ihren Erzählungen wird mir auch die zwei Klassengesellschaft hier auf der Ziegenwiese deutlich. Die Concordisten und sonstigen Besitzer großer weißer Ware stehen auf der linken Seite des Zu- und Durchfahrtsweges. Und diese nehmen sich, weil sie schon das x-te Jahr über den Winter hier für Monate stehen, heraus hier so etwas wie ein Platz(wart-)recht inne zu haben und versuchen dann so Leute wie uns an den Rand zu drängen oder gänzlich zu vertreiben. Uns selbst haben sie bislang in Ruhe gelassen, gucken mal neugierig rüber, aber das war es dann auch schon. Aber sie ist wohl schon einem schöneren Stellplatz hier – dichter am Wasser – vertrieben und in die etwas unattraktivere zweite Reihe komplimentiert worden. Auch den einen oder anderen Rechtsradikalen soll es hier geben, die aus ihrer Abneigung Andersdenkenden gegenüber keinen Hehl machen und auch schon mal Gewalt nicht nur drohen.
2016-12-17
Warm ist es. Tags und nachts so um die 15°C bis 17°C. Aber Regen, Regen und nochmals Regen.
Wolfgang fährt mit Thomas nach Mazarrón. Endlich eine spanische Simkarte zu besorgen. Ich radle in einer Regenpause nach Cañada de Gallego. Für das Wochenende Lebensmittel einkaufen. Der Ort ist klein. Hier leben fast nur die marokkanischen Erntearbeiter. Die Spanier sind in der Minderzahl. Die kaufen am Ortseingang beim Spar oder sitzen in den drei Bars/Restaurants. Am anderen Ende des Ortes eine BP-Tankstelle. Dort hatten wir auch bei unserer Ankunft hier noch vollgetankt. Wir hätten hier auch Wasser auffüllen und die Scheißhauskassetten entleeren können. Kostenpflichtig. Brauchten wir zu dem Zeitpunkt aber nicht. Wir haben noch genug Wasser. Und das Klo können wir auch auf der Ziegenwiese entsorgen. Das ist aber nicht so gut (für die Umwelt) wie wir später feststellen müssen.
Und zwischen dem Ortskern und der Tankstelle finde ich zwei marokkanische Läden. Einer wirbt sogar mit Halal. Das sind die Läden, die ich liebe. Endlich mal nicht zum Lidl, Aldi oder sonstigen Supermärkten.
Beide Läden sind mit marokkanischen Jungmannen übervölkert, die dort mit ihren Handys rumstehen und irgendwelche wichtigen Sachen machen. Scheinbar bieten die Läden WiFi an. Natürlich habe ich mein Laptop nicht dabei und das gegebenenfalls zu überprüfen beziehungsweise zu nutzen. Und mein Handy kann das nicht.
In dem einen Laden finde ich einen zwölf kg Sack Kartoffeln, vier Gemüsezwiebeln und zwölf Eier. Im anderen ein Brot, einen Brokkoli und zwei lange Paprika. Und beim Spar noch einen losen Feta kaufen. Das Ganze kostet mich dann nur 6,83 €. Von der Menge her so viel, dass ich damit mindestens drei, wenn nicht sogar vier Tage klar käme. Mit diesem Einkaufsverhalten und dieser Produktauswahl würde ich das Ziel, nicht über einen Tagessatz von zehn € hinaus zu kommen, locker unterbieten.
Der Rest des Tages weiterhin 15°C bis 17°C und Regen, Regen und nochmals Regen. Und Sturm und Gewitter.
Abends backen wir uns einen leckeren Kartoffelauflauf mit Ei und Käse in Wolfgangs Omnia „Backofen“. Für ihn auch eine Premiere. Und es klappt auf Anhieb gut. Es mangelt uns nur immer noch an Gewürzen. Ich habe vergessen meine einzupacken.
Und dann wieder Regen, Regen und nochmals Regen. Die ganze Nacht. Und Sturm. Big Blue wackelt ganz schön.
2016-12-18
Endlos lange geschlafen. In der Nacht musste ich mein nächtliches Pullern mit den Regenpausen synchronisieren. Denn ich will die Klokassette nicht so häufig leeren müssen und gehe daher dazu raus hinter Big Blue an den trockengefallenen Graben. Dabei stelle ich jetzt fest, dass er sich füllt. Durch den Regen! Ich tue da nur einen kaum messbaren Teil dazu.
Kurz mal zum Meer runter. Ich kann die aufgewühlte See schon von hier oben erkennten. Da geht es richtig ab. An der Steilwand hinter dem Strand spritzt das Wasser meterhoch. Aber es hält mich hier nichts. Das Regenpäuschen ist vorbei.
Es ist bereits nach 10:00 Uhr. Wolfgang hat eben Fenster im Alkoven aufgemacht. Er ist aber noch nicht bereit den Tag zu beginnen.
Ich frühstücke erst einmal, wasche den ganzen Kram von gestern Abend ab und setzte mich erst einmal ans Schreiben.
Später wollen wir dann mal die Simkarte einbauen, damit wir dann endlich Internet haben. Wolfgang hat nämlich nach vorheriger stundenlanger und recht erfolgloser Recherche per Handy dann im realen Leben ganz einfach gegenüber vom Lidl in Mazarrón einen Vodafoneladen gefunden, in dem es dann die Prepaidkarte mit 4 GB sogar zum Weihnachtssonderpreis gab. That’s life!
2016-12-19
Wir kommen hier nicht weg! Gestern Abend habe ich mir noch einmal den Wetterbericht angesehen. Hier bei Mazarrón ist für heute und die folgenden Tage eigentlich immer noch mehrheitlich Regen angesagt. Eine Regenwahrscheinlichkeit von mehr als 50%. Eher 80%. Für die Orte Málaga, Tarifa und Cádiz ist spätestens ab morgen hauptsächlich Sonnenschein und eine Regenwahrscheinlichkeit von maximal 10% angesagt. Das haben wir uns heute Morgen dann noch einmal gemeinsam angeschaut. Es hat sich nicht verändert. Auf Wolfgangs Lieblings Wetterapp sieht es eigentlich ähnlich aus. Ich wäre für Platzwechsel. Irgendwohin zwischen Almería und Motrill. Morgen. Wolfgang ist unentschieden. Na, mal sehen.
Erst einmal frühstücken. Dann zum Wasser runter.
Seit gestern sind die Unmengen an Seetang und Seegras wieder von den Felsen runter. Dafür ist die kleine Straße, die am Strand lang verläuft, gänzlich unter Geröll verschüttet. Das Meer hat wirklich große Steine dort flächendeckend abgelegt. Die Fahrzeuge, die dort stehen, haben zurzeit keine Chance, dort raus zu kommen. Was bin ich froh, dass wir uns bei Ankunft gegen diese eigentlich sehr schönen Stellplätze dort entschieden haben. Denn gestern war noch nicht klar, wann das Sauwetter hier aufhört und das Wasser aufhört zu steigen. Und auf Schwimmen habe ich zurzeit keinen Bock. Das Wasser ist zu kalt und zu aufgewühlt.
Nach dem morgendlichen Spaziergang und nachdem ich etwas für meinen Albanienreisebericht getan habe versuche ich noch mal eine Strecke mit dem Fahrrad zu machen. Da ich nicht auf die Straße hoch fahren will, radele ich auf den Sand-/Kieswegen am Meer entlang. Mal abgesehen von den auch hier zu überwindenden Höhenunterschieden sind die Wege durch den mehrtägigen Dauerregen so aufgeweicht und mit Wasser vollgesogen, dass es unwahrscheinlich schwer ist die Richtung zu halten. Dauernd versinkt das Vorderrad tief im Boden und die Richtung wird zur Glücksache. Und auf einer der beiden Wegseiten geht es immer recht weit runter. So komme ich auch diese Mal nur bis zur Nachbarbucht, der Schlangenbucht mit den Palmen. Auch bei dem heutigen trüben Wetter eigentlich ein schönes Panorama.
Wolfgang hat Wasser in seinem Auto entdeckt, wo es nicht hingehört. In einer Pfanne unter dem Waschbecken. Das Leck hat er auch recht schnell entdeckt: Dort, wo die Wasserleitung von unten an den Wasserhahn angeschlossen ist, läuft es raus. Ich schau mal nach, was wir da machen können. Ich habe zwar einen kompletten Wasserhahn mit, aber da ist die Tülle abgebrochen. Und außerdem hat er zwei Wasseranschlüsse. Nämlich kalt und warm. Ich weiß nicht ob wir das umgefrickelt bekommen. Na, erst einmal sehen. Wenn es nicht besser wird, erst einmal die Schlauchschelle nachziehen. Und wenn das nicht hilft, den Hahn ausbauen und mit irgendeinem meiner zahlreichen Kleber abdichten.
Gegen 15:30 Uhr fängt es wieder an zu regnen und stürmen. Rein in Big Blue und etwas auf- beziehungsweise umräumen. Tee kochen und dann ans Laptop und arbeiten.
2016-12-20
8:30 Uhr. Der Blick aus dem Fenster. Blauer Himmel. Die Sonne kommt hinter der Fincaruine hervor. Im Nachthemd raus uns Fotos machen.
Noch eine halbe Stunde ins Bett. Zähneputzen, Waschen, Frühstück machen uns raus in unseren privaten Biergarten. Noch schnell die Sitzpolster auf die Stühle, Fotostativ aufbauen, Selbstauslöser einstellen. Zehn Sekunden Zeit zum hinsetzen, Kaffeetasse und Müslischüssel in die Hand und Klick. Dann ganz entspannt dem werdenden Tag ins Auge geblickt.
Nach dem Frühstück übermannt mich dann doch die Neugier. Ich will beobachten, ob die Concordisten jetzt aus ihren rollenden Häusern kommen oder sich weiter darin verschanzen. Daher entscheiden wir uns erst einmal, noch einen Tag hier zu bleiben. Später kommt Sonja noch dazu und erzählt, dass sie zu Weihnachten Lagerfeuer, Stockbrot und ein nettes Beisammensitzen plant. Das ist verlockend, und da wir nicht wissen, was und zu Weihnachten bei Antje in Conil de la Frontera erwartet, beschließen wir, sollte uns das Wetter nicht doch wieder einen Strich durch die Rechnung machen, Weihnachten hier zu verbringen. Vielleicht mache ich auch ein kleines Hofkino.

Irgendwann meldet sich meine Wasserpumpe durch Dauerpumpen. Das Wasser ist alle. Mist. Also alles fahrtüchtig räumen. Dann hoch zur Tankstelle. Da gibt es eine Trinkwasserzapfstelle. 0,50 € für 40 L bis 70 L. Ich habe Glück. Irgendwie bekommt dem Mengenmesser wohl die Wärme nicht. Für die 0,50 € ist mein 140 Liter Tank bis auf vielleicht 10 Liter voll. Super.
Wieder zurück auf der Ziegenwiese ist Wolfgang gerade dabei, sein Auto in eine neue Position zu bringen. Denn die Dame vom Auto vor ihm hat ihn gebeten, etwas mehr Abstand zu halten, damit sie im Notfall schnell weg können. Notfall? Ja, im Notfall! Was ist denn bitte hier ein Notfall? Ja wenn Gasflaschen explodieren! Wir wissen ja nicht, in welchem Zustand deren Flaschen sind. Und deren Gasanlage. Aber explodierende Gasflaschen scheinen in dieser Community wirklich ein Thema zu sein. Naja, wenn man kein anderes Gesprächsthema hat. So ruckeln wir uns etwas anders hin. Wir suchen ja keinen Streit. Und wir wollen auch keinen Streit erwidern.
Noch am Vormittag gehe ich an die Wasserlinie. Das Wasser sieht jetzt schon viel besser aus. Fast türkis. Aber warm ist es immer noch nicht so richtig. Aber die Luft. Wir werden heute 22°C erreichen.
Irgendwann gestern Abend sind noch ein Wohnmobil und ein Wohnwagengespann gekommen. Diese beiden Pärchen und deren Besuch, den sie den ganzen Tag über empfangen, bringt das Durchschnittsalter auf der Ziegenwiese mächtig runter. DDR Hippies ‑ Pierre, Melli, Avid und Wolfi (Hund) in ihrem Rudi ‑, und auch das meine ich nicht abfällig, mit Kleinstkindern. Auf Decken am Boden sitzend am Frühstücken. Teilweise in nordafrikanische Klamotten gehüllt. Endlich mal Leute, mit denen ich gemeinsame Themen und ähnliche Weltvorstellungen habe. Romantische Erinnerungen kommen hoch.
Die Concordisten kommen so langsam aus ihren Höhlen und zeigen her, was sie noch alles in ihren Heckgaragen versteckt haben. Die Photovoltaik wird entweder auf dem Dach Richtung Sonne ausgerichtet oder auf dem Boden in Stellung gebracht. Der Roller unter der Plastikpelerine heraus gekramt. Mit Sitzmöbeln die Claims abgesteckt. Es kommt auch auf der Seite des Platzes Leben auf.
Ich erst einmal mit dem Fahrrad nach Cañada de Gallego. Im Hemd! Es ist wirklich warm. Schön!
Auf dieser Radeltour hat es mich total erschrocken, wie die Spanier hier Landwirtschaft betreiben. Ich habe auch schon an vorheriger Stelle darauf Bezug genommen. Aber das heute hat mich dazu bewogen, zu diesem Thema die nächsten Tage eine eigene Seite zu machen. Aber als Ergebnis vorweggenommen. Bei dieser naturverachtenden Herangehensweise an die landwirtschaftliche Lebensmittelproduktion und diesem Raubbau an der Natur, kann man nur zu Boykott dieser Produkte aufrufen. Übrigens auch zu dem hier produzierten Bioobst und -gemüse. Aber dazu wirklich auf einer eigenen Seite.
Auf dem Weg nach Puerto de Mazarrón drehe ich doch kurz vor Mazarrón wieder ab. Denn ich müsste ja vom Hafen wieder endlos bergauf radeln. Das ist mir dann für nur mal gucken dann doch zu viel Aufwand. Da müsste ich dann doch schon am Morgen hin, damit ich dann auch Zeit habe mir das Hafenstädtchen anzuschauen.
Zurück auf dem Platz erst einmal bei unseren Ossis vorbei geguckt. Die bleiben jetzt doch noch mindestens einen Tag länger hier. Das freut mich. Ein Klönpunkt mehr. Und er, Pierre ist auch an unserer zweiten Albanientour und unseren Landvergnügen Stellplatz interessiert. Mal sehen, was draus wird.
Thomas hat seinen Kram endlich trocken bekommen. Schön draußen über die Büsche gelegt. Da hatte die Sonne heute schon eine ganz schöne Kraft.
Kurz mit Wolfgang für das Abendessen abgeklärt, dass ich gerne etwas früher Essen möchte und danach nicht wieder bis in die Puppen (das war an den vergangenen Abenden sehr schön, aber heute habe ich noch keinen Buchstaben geschrieben) machen. Denn ich will noch schreiben. Denn aktuellen Reisebericht und mein Albanienbuch.
Heute koche ich. Geschmortes Gemüse mit Hirse Spirelli. Wolfgang kann sich scheinbar mit meiner, sich von seiner Kochkunst doch sehr unterschiedlichen, Herangehensweise anfreunden und es schmeckt ihm wohl.
Und nun sitze ich hier und schreibe.
So gegen 21:00 Uhr ist der Akku alle. Ich ziehe mir noch mal meinen Pullover über und gehe Richtung Strand. Mit der Taschenlampe. Es ist sehr (!) dunkel. Vorne stehen jetzt noch eine nicht so alte Feuerwehr aus Gießen und ein Allrad Sprinter ‑ Julie und Timo. Die sind gerade an ihrer Außenküche am Kochen. Und am Bier trinken. Die sind wohl auch nicht das erste Mal hier. Und die Beiden mit dem Sprinter sind auf dem Weg nach Marokko. So langsam laufen hier auch die Leute auf, mit denen ich auf eine Kommunikationsebene hoffe, die über den Smalltalk hinaus geht. Endlich. So wird die Entscheidung, zumindest bis Weihnachten hier zu bleiben, eine scheinbar immer richtigere.
2016-12-21
Wieder ein schöner Morgen. Beim Frühstück stößt Pierre mit seinem Sohn auf dem Bauch zu uns. Die vier Jahre Bund (-eswehr) sieht man im wirklich nicht an. Er ist auf dem Weg, sich ein sehr interessantes Leben zu organisieren. Viel Glück an dieser Stelle.
Unser Amateurfunker Peter möchte seinen Stromgenerator an Big Blue ausprobieren. Weil er sich in Kürze das gleiche Ladegerät kaufen möchte, wie es in unserem Big Blue verbaut ist. Und da will er mal ausprobieren, ob die beiden Geräte gut miteinander funktionieren. So komme ich zu einer kostenlosen Aufladung meiner Batterien.
Anschließend treffen wir eine weitreichende Entscheidung. Wir parken um. Vor an die Wasserlinie zu unseren DDR-Hippies. Die Feuerwehr und der Sprinter sind auch noch da. So langsam wird es.
Anschließend tobe ich mit dem Fahrrad nach Cañada de Gallego. Brot und Bier muss her. Und eine Avocado für Pierre. Nicht zu fest und nicht zu weich. Im Ort ist noch alles zu. Die Siesta geht hier bis 17:00 Uhr. Ich dachte bis 16:00 Uhr.
Der Marokkaner hat trotzdem schon offen. Brot bekomme ich, aber als standhafter Moslem natürlich hat er kein Bier im Programm. Also vor dem regionalen Supermarkt mit einem Liefertrucker warten. Hier gibt es endlich mal wieder Bier in 1 Liter Glasflaschen. Glas vermittelt ja irgendwie umweltbewusstes Verhalten. Ist aber hier für die Katz. Es geht alles, aber auch wirklich alles, in die Sammeltonne. Oder in die Landschaft. Mülltrennung ist hier ein Fremdwort. Und Pfand erst recht. Aber Bier aus Glasflasche schmeckt einfach auch besser als aus Blech.
Mit der Avocado kann ich Pierre trotz aller Bemühungen nicht dienen. Entweder sind sie steinhart oder weich wie ein Luftballon ohne Luft.
Ich schlafe hier so nahe an der Wasserlinie bei der tosenden Brandung herrlich. Und werde am nächsten Morgen erst um 9:30 Uhr wach.
2016-12-22
Schön lange geschlafen. Alle lieben Leute sind noch da. Richtig schön frühstücken draußen vor der Tür. Schon kurze Hosenwetter. Scheiß Wintercamping. Dicke Klamotten genug dabei. Kurze Hosen vergessen. Pierre leiht mir welche von sich. Sind mir aber zu dick. Vielleicht für heute Abend. So beglücke ich jetzt die Leute in meinem langen Hemdchen. Ist ja sowieso mehr mein Ding.
Und die Welt ist in Ordnung. Zwei Joghurtbecherfahrer putzten inbrünstig ihr Auto. Unsere DDR-Hippies bekommen von zwei Pärchen, ebenfalls mit Kleinkindern, Besuch. Die Feuerwehr, die Sprinter, Sonja, alles trifft sich heute hier.
Die Bäckerin erleichtern wir heute von ihrem Käse-, Pflaumenkuchen und Croissants.
Und den Gemüsebauer um alles, was wir glauben, dass wir es über die Feiertage brauchen. Inklusive 2,5 Liter Rotwein. Der stellt sich aber in kürzester Zeit als Mist heraus.
Nur, irgendwie ist unsere 4 GB Simkarte schon leer. Gestern Abend waren es noch 2 GB, die offen waren. Hat einer von uns wohl nicht aufgepasst und sein Gerät hat sich über Nacht aktualisiert und dabei große Datenmengen runtergeladen. Mist. Aber Pierre hat schon gestern für mich eine neue Simkarte bestellt. 12 GB für 20,00 € mit einer Laufzeit von 12 Monaten und gültig in ganz Europa. Hält dann vielleicht sogar bis Albanien im Sommer.
Sonja hat auch schon Brennholz für unser Weihnachtslagerfeuer besorgt. Trockenes! Und mal sehen, hier liegen noch so ein paar Baumstümpfe rum. Wenn die bis übermorgen trocken sind, werde ich wohl mal die Kettensäge auspacken.
Tja, diese Baumstümpfe und Zweige gehen dann schon heute Abend drauf. Am Lagerfeuer Musikprogramm unter Anderem mit Wolfgang. Erinnerungen werden wach.
Auch heute Abend ist für Wolfgang das Abendessen in der Bereich der Unwichtigkeit entrückt. So werfe ich gegen 21:00 Uhr noch ein Fladenbrot mit unserer Salami und Sülze auf den Tisch. Pierre und Melli noch Pesto. Irgendwo kommt auch immer was zu Trinken her. Gegen 22:00 Uhr, gefühlten Mitternacht, lege ich ich ab. Gitarren mit Brandung im Hintergrund. Ruckzuck bin ich eingeschlafen.
Wir werden aller Wahrscheinlichkeit bis zum 2016-12-29 offline sein, weil unser Datenvolumen sich verpisst hat.
2016-12-23
Wieder der Beginn eines wunderschönen Tages. Ich bin einer der Ersten auf dem gesamten Platz, der draußen am Frühstücken ist. Ich genieße die Ruhe. Noch sind die Kinder alle im Bett, die Hunde in den Betten der BesitzerInnen.
Langsam kommen dann die Zweiten, Dritten und so weiter aus den rollenden Höhlen. Arbeiter der Plantagen kommen mit schwerem Gerät und räumen den unter Sturmgeröll liegenden Weg am unteren Strand frei. Die dort Stehenden können den Platz jetzt wieder verlassen.
Sonja kommt rum und updatet die Weihnachtsvorbereitungen. Sie macht sich da eine Mühe, faszinierend.
Pierre schaltet uns sein WLAN noch einmal frei, damit wir unsere E-Mails runterladen können und ich meinen Reisebericht aktualisieren kann. Leider immer noch ohne Bilder. Das gibt das Datenvolumen leider nicht her.
Er mit seiner Familie wird uns heute für einen Tag am Abend verlassen und Freunde besuchen. Morgen Abend werden sie aber wieder hier sein.
Ich möchte mit Wolfgang darüber sprechen, dass ich grundsätzlich unsere Vereinbarung über gemeinsame Haushaltskasse in Frage stelle. Seine Supermarkt Einkaufsgewohnheiten lassen mir immer wieder die Haare zu Berge stehen. Aber irgendwie ist nie der rechte Zeitpunkt.
Irgendwie steht auch bei uns die Vorbereitung auf die Weihnachtsfeier bei Sonja auf dem Plan. Was nehmen wir als Essenbeitrag mit. Kartoffelsalat ist schon weg. Nudelsalat finde ich zu fantasielos. Wir kommen da nicht so richtig weiter. Plötzlich steht Rollbraten im Raum. Aber nicht fürs Lagerfeuer.
Pierre und Melli sind noch, bevor sie abgereisen, am Strand Richtung Puerto de Mazarrón gelaufen und haben dort hinter den Plantagen eine kleine Bucht mit Sandstrand und Nudisten gefunden. Das Wasser war so warm, dass Pierre dort richtig lange geschwommen ist. Vielleicht werde ich morgen auch mal dort hingehen. Nicht wegen der Nudisten sondern um zu schwimmen. Hier ist mir der Strand zu felsig. Da reiße ich mir bloß die Füße auf. Das hatte ich ja schon erfolgreich in Albanien. Dass brauche ich dieses Jahr nicht mehr.
Zum Ende der Siesta fahre ich noch einmal mit dem Fahrrad ins Dorf. Ich vergesse leider meine Geldtasche. So kann ich auch keine Käse kaufen. Muss ich morgen noch einmal hin. Auf dem Rückweg frage ich Sonja, ob morgen am Heiligabend die Läden offen haben. Heiligabend ist hier ein ganz normaler Arbeitstag. Die Spanier feiern scheinbar erst am ersten Weihnachtstag. Und Heiligabend wohl erst am sechsten Januar. Tja. Dann kann ich ja morgen noch einmal los.
Ich gehe noch einmal zu dem älteren Paar im MAN-Phönix Wohnmobil auf der Concordistenseite. Im Gegensatz zu meiner ersten Einschätzung total nette und interessante Leute. Vom „Protzauto“ aus falsche Schlüsse gezogen. Sie haben vor einiger Zeit ihr Haus verkauft und leben auch in Deutschland in ihrem Wohnmobil. Und werden teilweise deswegen von ehemaligen Freunden und Nachbarn schräg angesehen. Er, Wolfgang, ist noch bis zum 2016-12-31 Bundespolizist. Er feiert seine letzten Urlaubstage ab. Ab Neujahr wird er frei sein. Sie sind jetzt das erste Mal hier in Spanien und auf der Ziegenwiese. Bekannte, die hier auch stehen, haben ihnen das empfohlen. Sie finden das hier ganz interessant. Aber haben auch wie ich das Gefühl, einmal reicht. Und es müssen auch nicht vier Monate sein. Nein, es reichen auch vier oder sechs Tage. (Aber auch die Beiden werden länger bleiben) Irgendwie habe ich das Gefühl, sie stehen auf der falschen Seite des Platzes. Er ist auch Weitrinker. Aber er bevorzugt süßen. Ich wittere die Chance, den Fehlkauf von gestern ihm vielleicht schmackhaft zu machen. Das Probeglas landet im Gebüsch. Scheinbar ist der Wein wirklich eher Essig. Nein, auch Essig hat eine Qualität. Und die fehlt diesem Wein eigentlich vollständig. Naja, wir können ihn ja morgen bei der Weihnachtsfeier an diejenigen ausschenken, die wir nicht leiden können.
Ich gehe noch einmal zu Sonja. Sie ist am Backen für morgen Abend. Sie zeigt mir ihren Glas- und Designschmuck, den sie als Glasbläserin und Feinschmiedin herstellt. Wirklich sehr ausgefallene Stücke. Sie hat sich alles das als Autodidaktin selbst beigebracht. Leider trägt Heidi solchen Schmuck nicht. Ohrsticker und Perlenkette. Und damit hat es sich. Wäre ein schönes Geschenk gewesen. Mal gucken.
Wolfgang kommt gegen 20:00 Uhr vom Einkaufen zurück. Nach den Erfahrungen der letzten beiden Tagen habe ich mir schon selbst was zu essen gemacht. Er habt Rollbraten mitgebracht. Nun kann ich es nicht mehr halten. Ich sage Wolfgang, dass ich nicht mehr gemeinsam Essen planen, kaufen und zubereiten möchte. Da ich doch ganz andere Prioritäten setze und mich auch schon seit längerem dabei, wie das so läuft, unzufrieden fühle. Ich hoffe, er nimmt das nicht krumm. Schließlich hat das Essen, was er geplant und gekocht hat, sehr lecker geschmeckt. Aber ich schaue eben auch auf die Qualitäten der Ausgangsprodukte. Das kann ich mir mit meiner Vergangenheit als Bio-Lebensmittelproduzent nicht verkneifen. So kocht er jetzt alleine. Ich habe ja schon lecker gegessen.
Jetzt sitze ich hier mit Ton, Steine und Scherben von Kassette (!) und schreibe. Von mir ist eine Last abgefallen. Es fällt mir eben immer wieder schwer, Leuten „abzusagen“. Das war ja in unserer Schäferei Praktikanten gegenüber auch schon immer mein Problem. Heidi kann das besser. Oder zumindest zögert sie das nicht so lange raus. Das kommt bei ihr immer recht zügig. Vielleicht haben wir uns ja auch deswegen immer so gut ergänzt. Ich habe die Strukturen geschaffen, und Heidi die Kontrolle darüber gehabt. Und vor allem hat sie den Dieter Bohlen gegeben. Dort, wo es nötig war.
So, jetzt ist die Kassette durch, das Bier alle und ich gehe ins Bett.