2016-08-04 – Nach Hidravoz

Wehmütiger Abschied. Von Marco und Alberto noch einen Satz Eier und frisches Brot kaufen und den Platz bezahlen. Preiswerter kann man nicht leben. Dann haben wir noch eine 1,5 Liter Flasche von seinem Rotwein geschenkt bekommen. Gleich in den Kühlschrank damit, dass ich ihn gleich heute Abend trinken kann – zum Teil zumindest.

Dann geht es wieder im zweiten und dritten Gang zwischen 10 kmh und 20 kmh zurück zur Hauptstraße, der SH 1. Dieses Mal genau zwei Stunden. Das hört sich ätzend an. Aber ich kann nur jedem raten, dessen Auto technisch in Ordnung ist, diese Fahrt nach Koman zu machen. Mit Geduld und Spucke ist das wirklich kein Problem, auch für nicht Offroad Fahrzeuge, auch für sogenannte Freakmobile – zu Wohnmobilen umgebaute Nutzfahrzeuge (Busse oder LKW). Auch wenn von den Offroadern gerne davon gesprochen wird, dass das nur mit 4×4 geht und einer Bodenfreiheit, dass man aufrecht darunter her gehen kann. Alles Quatsch.

In der Hauptstraße biegen wir links nach Lezhë ein. Lezhë liegt etwas im Hinterland, also nicht direkt an der Küste. So folgen wir einem Tipp aus einem Reisebericht und fahren nach Shëngjin, etwas nordwestlich von Lezhë direkt am Wasser. Grausam. Schaut euch die Bilder an. Hotelhochhäuser der schlimmsten Art, die Strände in Reih und Glied mit Sonnenschirmen zugepflastert. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Wir fahren fast durch den gesamten Ort, bis ein Verkehrschild uns die Weiterfahrt untersagt – Big Blue ist mal wieder zu groß. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich hatte, so glaube ich, irgendwo gelesen, das es in diesem Ort einen Campingplatz geben soll. So gehen wir zu Fuß weiter. In der Hoffnung, dass da noch was kommt.

Es kommt auch was. Am Nordrand vom Hafen sind vom Wasser her beschiffbare Bunkeranlagen. Alles stillgelegt. Und davor dümpeln ausgemusterte und kurz vor dem Absaufen befindliche alte Torpedoboote, Mienensucher und ein kleiner Zerstörer. Auf Land alte verfallende Kasernen, vieles mit Stacheldrahtrollen abgesichert. Und mitten durch geht eine viel befahrene Straße. Diese führt zu neu gebauten Strandhotels wiederum am Nordrand der ehemaligen Kasernen. Die Strände privatisiert und im Besitz der Hotelanlagen. Schon fast wie in Kroatien. Und alles knüppeldicke voll. Wir lassen Lara nur mal kurz ins Wasser und verpissen uns wieder. Auf dem Rückweg durch die scheinbar verlassene Kasernenanlage versuche ich durch ein vernageltes Fenster zu schauen. Sofort pfeift mich ein Soldat aus der Ruine gegenüber zurück und macht ein unmissverständliches Zeichen, dass das verboten sei. Und als ob das noch nicht komisch genug wäre, kommt eine Soldatin hinter einem anderen Haus hervor und guckt auch ganz böse. Aber mehr auch nicht.

Wir gehen in den Ort zurück und einmal die gesamte Hauptstraße mit den ganzen Läden entlang. Denn wir suchen unter Anderem ein Bank, bei der wir mit unserer Visacard Geld eintauschen können. Denn unsere EC-Karten werden hier nicht akzeptiert und für die Visacard wissen wir unsere PIN nicht, da wir diese so selten benutzen. Aber auch in dieser Stadt ist dieses Unterfangen nicht mit Erfolg gekrönt. Es gibt drei Wechselbuden, die wechseln, wie schon der Name sagt, Geld gegen Geld. Ansonsten soll es in der ganzen Stadt einen Geldautomaten geben, der die Visacard nimmt. Bei der Bank Popular. Den Geldautomaten finden wir. Die Bank nicht. So wechseln wir von unserer eisernen Reserve 50,00 € gegen Lek ein. 1,00 € gegen 134,00 Lek. Dann noch etwas Gemüse einkaufen. Und dann ab zu Big Blue und weg hier.

Wir wollen zu den drei Lagunen im Mündungsdelta des Drin (Drinlt). Die finden wir aber nicht. Und wenn wir so das Land zwischen der SH1 und der Küste hier so nah an Lezhë betrachten, ist das sowieso alles mit relativ neu gebauten Häusern zugebaut.

So kriegen wir erst kurz vor Barbullojë die Kurve und fahren über Rilë und Shënkoll an den Strand bei Hidravoz. Wieder wie Rimini. Aber, genauso wie in Shëngjin, eigentlich nur albanische Familien am Strand. Allerdings, wenn wir uns die Autokennzeichen anschauen, die kommen von überall her: Italien, Frankreich, England, Niederlande, Belgien, Österreich, Schweiz, Tschechien, Kosovo, Slovenien, Slovakei, Kroatien, Bosnien-Herzegowina und nicht zuletzt Deutschland. Tja Albanien ist ein Auswandererland. Aber sie kommen immer wieder zurück zu ihren hier verbliebenen Familien oder treffen sich, indem sie aus jedem Winkel der Welt hier zum Treffen verabreden. Daher hat dieser hier stattfindende Massentourismus doch noch etwas, dem wir etwas abgewinnen können. Denn es sind hier eigentlich nur „Einheimische“, die hier ihren Urlaub oder auch nur das Wochenende verbringen.

Wir stellen uns erst einmal irgendwo auf einen Schotterplatz hinter den Restaurants und erkunden den Strand zu Fuß. Wir verlassen den Sonnenschirmstrand in Richtung Süden. Sofort nimmt der Müllanteil im Sand um ein Vielfaches zu. Und der war auch schon am „offiziellen“ Strand unglaublich hoch. Aber auch hier finden wir nichts Besseres zum Übernachten. So warten wir einfach, bis die größte Menge der Albaner sich auf den Heimweg machen. So gegen 18:00 Uhr ist es dann soweit, dass der Strand von den Urlauberautos soweit frei war, dass wir uns ein Plätzchen suchen konnten. Ganz am Ende stehen wir wirklich gut. Der Sand ist fest, also keine Gefahr zu versinken. Die Imbissbude macht noch Musik die eigentlich mehr an Nordafrika erinnert als an Südeuropa.

Dann geht die Sonne unter, und dann geht alles ganz schnell. Der Strand ist jetzt fast leer, als ein Landrover der Polizei zu uns stößt und neugierig guckt. Ich ergreife die Initiative und mache den drei Polizisten, die können nur ihre Heimatsprache, klar, dass wir nur eine Nacht hier schlafen wollen. Ihr Frage: „Germanski?“ beantworte ich mit ja und schon ist alles „No Problem“. Also, etwas ausländisch können sie doch.

Die Karussells, Autoscooter, Bars und Restaurants machen zu und die Betreiber räumen auf.


Einwurf:
An dieser Stelle möchte ich doch einmal auf das Müllverhalten der Albaner eingehen. Alles was der neue Kapitalismus an Möglichkeiten anbietet, Müll zu verursachen – von Obst- und Essensabfällen über Flaschen und Verpackungen aller Art, Entsorgen von Baustoffen und ganzen Hausständen und Autowracks bis hin zu abgerissenen Brücken wird einfach in die Gegend geworfen. Im persönlichen Bereich ist vor allem das Fehlen jeglicher funktionierenden Pfandsysteme einer der offensichtlichsten Gründe für zum Beispiel der Verschmutzung der Strände. Allerdings muss man wirklich unterscheiden. Die öffentlichen Strände sind wahre Müllhalden. Die Strände, an denen sich irgendwelches „touristisches“ Gewerbe – Bars, Imbissbuden, Minimärkte, Karussells und ähnliches angesiedelt hat, wird von den Betreibern abends ihr (!) Bereich akribisch gereinigt. Der Dreck wird entweder in die von der Kommune bereitgestellten Container, aber auch einfach nach hinten in die Lagune entsorgt. So kann ich hier, anders als es in einigen Reiseführern beschrieben wird, zwar staatliche Versuche erkennen, das Müllverhalten irgendwie zu kanalisieren, aber beim einzelnen Albaner noch keine wirkliche Bewusstseinsveränderung zu diesem Thema erkennen. Dort wo private geschäftliche Interessen jedoch wirken, da wird eine Kulisse aufgebaut. Leider ist es so. Aber, wie vieles hier, erinnert uns an die Zeiten vor 35 Jahren in Griechenland, Italien, Spanien und Portugal.


Dann erleben wir einen atemberaubenden Sonnenuntergang. Und wenn ich den Fotoapparat hoch genug halte oder auf das Blitzlicht verzichte, sieht man den Müll nicht mehr und die Motive könnten auch in einem Reiseprospekt für die Karibik, Kuba oder sonstige Touristenresorts werden.

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Dann verziehen uns ins unser Wohnzimmer, weil es jetzt hier draußen Pieketierchen gibt.

Ich schreibe noch etwas für unseren Reisebericht. Dann ist mal wieder der Akku leer. Wie so oft. Und das 12 Volt Ladegerät schafft es nicht, gegen den Verbrauch des laufenden Laptops an zuladen. Wenn ich es abstelle, dann läuft der Ladevorgang problemlos. Anders als bei Heidis. Das bekommen wir mit dem 12 Volt Ladegerät einfach nicht geladen.

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